Gedichte...

Liebesgedicht für die Freiheit


      und Freiheitsgedicht für die Liebe

Dich lieben
und hoffen
dass unsere Liebe füreinander
uns jene Hilfe ist
die wir brauchen
um die alten Wunden
ob derer wir jeweils leiden
mit uns selbst
und also
neuem Eigenen
heilsam zu füllen

wohlwissend
dass es leichter wäre
die Liebe des jeweils anderen
als Füllmenge
in all die eigene Leere zu tun
dass dies dann aber
das Ende eigener Freiheit
und, da diese ihr Kind
auch der Anfang vom Ende
unserer Liebe füreinander wär

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Seelisches...

Versuch über Angst und Depression


„Wir haben viele Zweifel, ob es richtig ist, den Weg zu uns einzuschlagen, denn im Grunde fürchten wir uns vor uns selbst. In diesem Dilemma scheint es hilfreich, sich einen Satz meines Lehrtherapeuten Sylvester Walch zu vergegenwärtigen: ‚Unsere Gefühle können uns nicht umbringen, höchstens das, was wir gegen sie unternehmen.‘ Gemeint sind alle Mechanismen, die dazu beitragen, dass wir nicht spüren, was wir fühlen und nicht merken, was wir brauchen.“

Bärbel Wardetzki: Weiblicher Narzissmus, S. 221

„Nur wer sich der Einstellung öffnet, dass Not und Leiden ein Weg zur Heilung sind, den wird auch in Zeiten der Verzweiflung die Zuversicht nicht verlassen.“

Robin Norwood

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Fremdes...

„Versagen“


Eine Gefahr für das Kind kann auch die elterliche Liebe werden, die an bestimmte Wunschvorstellungen und Erwartungen geknüpft ist, wie das Kind sein oder sich entwickeln solle. […] [Diese] Liebe [ist dann] an die Erfüllung bestimmter Bedingungen gebunden, und das Kind, das […] [sie] nicht verlieren möchte, versucht, […] [das elterliche] Wunschbild von sich zu leben, und kann auf solche Weise an sich selbst und seinem eigentlichen Wesen völlig vorbeileben. Gelingt es ihm später nicht, sich davon frei zu machen und den Mut zu sich selbst zu entwickeln, wird es, wenn überhaupt, nur sehr schwer die Freude am Leben finden, die uns eigentlich zustehen sollte. […]

Natürlich wollen […] [die Eltern] auf ihr Kind stolz sein, aber wenn ein Kind das nur dadurch erreichen kann, dass es etwas leben muss, was nicht in seinem Wesen liegt, kann das katastrophale Folgen haben. Mancher bewusste oder unbewusste „Streik“, manches scheinbare Versagen des Kindes ist dann manchmal seine einzige Möglichkeit, sich dem Erfolgszwang zu entziehen. Aber diese Reaktion erspart es dem Kind nicht, sich selbst als den zu erleben, der enttäuscht oder versagt hat, was nur zu lösen wäre durch die Einsicht, dass solches Versagen ja nur dem aufgezwungenen Wunschbild gegenüber zutrifft – man kann von einem Apfelbaum [schließlich] keine Birnen erwarten.

Fritz Riemann: Die Fähigkeit zu lieben, S. 51f.

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Fremdes...

Das ein oder andere Erbauliche


Mut

Und der Tag kam, da das Wagnis, fest eingeschlossen in der Knospe zu verharren, viel schmerzhafter wurde als jenes, aufzublühen.

(Anaïs Nin)

Vertrauen

Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, das etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.

(Vaclav Havel)

Liebe

Leben ist ja gerade Sichverwandeln, und menschliche Beziehungen, die ein Lebensextrakt sind, sind das Veränderlichste von allem, steigen und fallen von Minute zu Minute, und Liebende sind diejenigen, in deren Beziehung und Berührung kein Augenblick dem anderen gleicht. Menschen, zwischen denen nie etwas Gewohntes, etwas schon einmal Dagewesenes vor sich geht, sondern lauter Neues, Unerwartetes, Unerhörtes. Es gibt solche Verhältnisse, die ein sehr großes, fast unerträgliches Glück sein müssen, aber sie können nur zwischen sehr reichen Menschen eintreten und zwischen solchen, die jeder für sich, reich, geordnet und versammelt sind, nur zwei weite, tiefe, eigene Welten können sie verbinden. – Junge Menschen – das liegt auf der Hand – können ein solches Verhältnis nicht gewinnen, aber sie können, wenn sie ihr Leben recht begreifen, langsam zu solchem Glück anwachsen und sich vorbereiten dafür. Sie müssen, wenn sie lieben, nicht vergessen, dass sie Anfänger sind, Stümper des Lebens, Lehrlinge in der Liebe, – müssen Liebe lernen, und dazu gehört [wie zu jedem Lernen] Ruhe, Geduld und Sammlung!

Liebe ernst nehmen und leiden und wie eine Arbeit lernen, das ist es, Friedrich, was jungen Menschen nottut. – Die Leute haben, wie so vieles andere, auch die Stellung der Liebe im Leben missverstanden, sie haben sie zu Spiel und Vergnügen gemacht, weil sie meinten, dass Spiel und Vergnügen seliger denn Arbeit sei; es gibt aber nichts Glücklicheres als die Arbeit, und Liebe, gerade weil sie das äußerste Glück ist, kann nichts anderes als Arbeit sein. – Wer also liebt, der muss versuchen, sich zu benehmen, als ob er eine große Arbeit hätte: Er muss viel allein sein und in sich gehen und sich zusammenfassen und sich festhalten; er muss arbeiten; er muss etwas werden!

Denn, Friedrich, glaube mir, je mehr man ist, je reicher ist alles, was man erlebt. Und wer in seinem Leben eine tiefe Liebe haben will, der muss sparen und sammeln dafür und Honig zusammentragen.

Man muss nie verzweifeln, wenn einem etwas verloren geht, ein Mensch oder eine Freude oder ein Glück; es kommt alles noch herrlicher wieder. Was abfallen muss, fällt ab; was zu uns gehört, bleibt uns, denn es geht alles nach Gesetzen vor sich, die größer als unsere Einsicht sind und mit denen wir nur scheinbar im Widerspruch stehen. Man muss in sich selber leben und an das ganze Leben denken, an alle seine Millionen Möglichkeiten, Weiten und Zukünfte, denen gegenüber es nichts Vergangenes und Verlorenes gibt.

(Rainer Maria Rilke: Brief an Friedrich Westhoff)

Heilung

Wenn du ein Opfer von emotionaler Misshandlung bist, kann es keine Selbst-Hilfe geben, bis du Selbst-Bezüglichkeit lernst. Das bedeutet, deine eigenen Maßstäbe zu entwickeln, für dich selbst zu entscheiden, was „Güte“ wirklich ist. Die kalkulierten Bezeichnungen des Misshandlers zu übernehmen – „Du bist verrückt. Du bist undankbar. Es ist nicht so passiert, wie du sagst“ – setzt nur den Kreislauf fort.

Erwachsene Überlebende von emotionaler Kindesmisshandlung haben nur zwei Wahlmöglichkeiten im Leben: lernen, sich auf sich selbst zu beziehen, oder ein Opfer bleiben. Wenn dein Selbstbild zerfetzt wurde, wenn du tief verletzt wurdest, und man dir das Gefühl gab, die Verletzung wäre nur deine Schuld, wenn du nach Anerkennung bei jenen suchst, die sie nicht verschaffen können oder wollen – spielst du die Rolle, die dir von deinem Misshandler zugewiesen wurde.

Es ist Zeit, aufzuhören, diese Rolle zu spielen, Zeit, dein eigenes Manuskript zu schreiben. Opfer von emotionaler Misshandlung tragen das Heilmittel selbst in ihren Herzen und Seelen. Rettung heißt Selbst-Respekt lernen, den Respekt anderer verdienen, und diesen Respekt zu dem absolut unreduzierbaren erforderlichen Minimum für alle intimen Beziehungen zu machen. Für das emotional misshandelte Kind ergibt sich aus Heilung „Vergebung“ – Vergebung für dich selbst.

(Andrew Vachss: Du trägst das Heilmittel in Deinem eigenen Herzen)

Leben

Was ist Leben?

Leben
das ist die Wärme
des Wassers in meinem Bad.

Leben
das ist mein Mund
an deinem offenen Schoß.

Leben
das ist der Zorn
auf das Unrecht in unseren Ländern.

Die Wärme des Wassers
genügt nicht
ich muss auch darin plätschern.

Mein Mund an deinem Schoß
genügt nicht
auch muss ihn auch küssen.

Der Zorn auf das Unrecht
genügt nicht
Wir müssen es auch ergründen

und etwas
gegen es tun.
Das ist Leben!

(Erich Fried)

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